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Runder Tisch der ehrenamtliche Asylhelfer in Holzkirchen


Rück- und Ausblick des gemeindlichen Integrationsbeauftragten Franz Lutje auf die Arbeit des Helferkreises Asyl.

In 180 Tagen schon viel erreicht.

Montagabend 20 Uhr im Holzkirchner Rathaus, der Plenumssaal ist voll. Bürgermeister Olaf von Löwis begrüßt die über 40 anwesenden Holzkirchner Asylhelfer und bedankt sich für die großartige und engagierte Unterstützung. „Ohne die Unterstützung der Ehrenamtlichen würden wir das nicht schaffen" so von Löwis. Die Steuerungsgruppe und die drei Arbeitsgruppen (Alltag, Sprache und Freizeit/Sport) unter Leitung der Integrationsbeauftragten Maria Korell haben dafür gesorgt, dass die Asylbewerber in Holzkirchen gut aufgenommen und betreut wurden.

Runder Tisch Asyl


Rolle und Auftrag der Gemeinde

Von Löwis klärte auch noch einmal über die Rolle von Marktgemeinde und Landratsamt auf. „Wir werden häufig gefragt, weshalb die Gemeinde die Asylbewerber in mobilen Einheiten wohnen lässt. Nur wenige haben bisher verstanden, dass die Gemeinde zwar das Grundstück zur Verfügung stellt, die Behausung aber unter anderem Sache des Landratsamtes Miesbach ist." Nicht die Gemeinde Holzkirchen, sondern das Landratsamt Miesbach trägt das Mandat zum Thema Asyl und zeichnet sich letztlich auch dafür verantwortlich. Alle Aktivitäten der Gemeinde sind freiwillig und dienen dazu das Landratsamt zu unterstützen, um in Holzkirchen sinnvolle und machbare Maßnahmen für die Integration unserer Neubürger durchzuführen. Bei den Holzkirchner Bürgern ist diese Kenntnis noch nicht ganz durchgedrungen und deshalb treffen einige Entscheidungen des Landratsamtes auf Unmut gegenüber der Gemeinde. Die Aufgabe der Gemeinde ist es aufzuklären und berechtigte Beschwerden in Richtung Landratsamt weiterzuleiten.

Verbesserung der Kommunikation

Aus dem Kreis der Ehrenamtlichen wurde gefordert, die Kommunikation zu verbessern. Franz Lutje, Kommunikationsberater, schlug vor eine Kommunikationsplattform für alle Zielgruppen und Themen zu errichten. Ziel dabei ist es, dass sich die Helfer einerseits untereinander stärker vernetzen, anderseits die Öffentlichkeit umfassender informiert wird und schließlich auch die Konversation mit den Asylbewerbern intensiviert wird. Dazu sollen zu den bereits vorhandenen Medien und Veranstaltungen neue aufgebaut und systematisch integriert werden.

Weitere 50 Asylbewerber im Anflug

Die Container sind derzeit mit 48 Personen aus verschieden Ländern voll besetzt. Die größte Anzahl der Flüchtlinge kommt aus Eritrea, ansonsten aus Syrien, Nigeria, Somalia, Kongo, Senegal, Türkei und Afghanistan. Holzkirchen wird in nächster Zeit ca. 50 weitere Asylbewerber Unterkunft gewähren, dazu wurde bereits ein Grundstück der Kirche gesichtet und angemeldet. Die Tauglichkeit des Grundstückes wird momentan geprüft. Damit steigen auch die Anstrengungen für die Gemeinde, denn schließlich sollen auch die neuen Asylbewerber gut betreut werden.

„Wichtig ist es die gute Teamarbeit fortzusetzen!"

Mit diesem Appell und dem Auftrag an die Steuerungsgruppe eine Kommunikationsplattform aufzubauen schloss Bürgermeister Olaf von Löwis seine Einführungsrede ab und übergab das Wort an die Integrationsbeauftragte Maria Korell, die in einem persönlichen Reflexionsbericht die letzten Monate Revue passieren ließ.

Gute Vorplanung und außergewöhnliches Engagement

„Die Basis für die erfolgreiche Arbeit wurde bereits Monate vorher in der guten Vorplanung gelegt", so Maria Korell. Einen wesentlichen Anteil dazu trug neben der Steuerungsgruppe die Sozialwissenschaftlerin Prof. Claudia Ueffing bei. Sie begleitete das Projekt von Anfang an und half mit ihrem weit- und tiefgreifenden Knowhow sinnvolle Strukturen aufzubauen und manche Vorgehensweisen kritisch zu hinterfragen.

Vielzahl an Nationen und Persönlichkeiten

Maria Korell, die fast jeden Tag zum Wohnheim fährt, schilderte ihre intensiven Eindrücke: „Am Anfang konnten wir noch nicht einschätzen, was für Menschen auf uns zukommen. Es kamen Menschen aus vielen verschiedenen Nationen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Lebenssituationen. Alle haben ihr Päckchen zu tragen und sind unterschiedlich schwer traumatisiert. Zum Teil hatten wir die falschen Vorstellungen was für sie wichtig ist und was nicht." Zum Beispiel dachte sie, dass den Flüchtlingen der Platz in den Zimmern zu gering sei. Aber das ist nicht das Problem an den Wohneinheiten. Wohnen auf engem Raum sind sie von zu Hause und dem Leben in Großfamilien gewohnt. Das Problem ist vor allem die Hellhörigkeit, die bei der großen Anzahl von unterschiedlichen Menschen zum Tragen kommt. Die einen gehen früher zum Schlafen die anderen erst spät in der Nacht.

Hilfe zur Selbsthilfe

Auch an die anderen Mentalitäten der Neubürger mussten sich die Helfer erst gewöhnen. Deutsche Gründlichkeit und Pünktlichkeit ist nicht unbedingt in den Genen der Neubürger verankert. Dafür umso mehr Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Erstaunt war Korell auch von der schon vorhandenen Selbständigkeit vieler Asylbewerber. Was jedoch die Bedienung und Pflege von Hausgeräten betrifft, haben die Helfer, die Kenntnisse und den Umgang mit Bedienungsanleitungen falsch eingeschätzt. Mit einer Engelsgeduld haben sie den Asylbewerbern den richtigen Umgang weitgehendst beigebracht. Ähnliches traf auch bei der Umsetzung der Hausordnung zu. Weiterhin wurde auch beobachtet, dass gerade noch den sehr jungen Erwachsenen die Reife und der Halt fehlen, da sie zum Teil noch als halbe Kinder von zu Hause weggegangen sind. „Besonders die Jüngsten wirken auf mich wie verlorene Kinder, die keine Diskussionen brauchen, sondern Menschen, die sie an die Hand nehmen, für sie da sind und unsere Kultur immer wieder erklären. So habe ich z.B. festgestellt, dass die älteren Ehrenamtlichen besonders geliebt werden und ihnen sehr viel Respekt entgegengebracht wird. Ich denke, sie brauchen manchmal einfach „Mamas" und „Papas", die ihnen Struktur und Regeln geben, genauso wie es unsere Jugendlichen mit 18 Jahren noch brauchen", stellt die Integrationsbeauftragte fest. Viele Helfer haben in den letzten Monaten das Vertrauen der Asylbewerber gewonnen und sie in vielen Dingen unterstützt. Wichtig ist es aber jetzt noch mal zu reflektieren, welche und wie viel Hilfe sinnvoll ist, welche Dinge sie auch schon gut alleine schaffen können. An manchen Stellen gilt es auch loszulassen. Im Montessori Prinzip „helfen es selbst zu tun" sieht der Steuerungskreis die beste Methode, um einerseits auf die individuelle Lage der unterschiedlichsten Persönlichkeiten einzugehen, aber auch anderseits die neuen Mitbürger auf unsere Kultur und Regeln vorzubereiten. Das betrifft im Besonderen Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Gesundheit, Umgang mit Umwelt und Hygiene. „ Hier müssen wir noch konsequenter werden, denn dies sind die Voraussetzung, damit sie das Leben in unserer Gesellschaft meistern", so Korell. Deshalb wurde unter anderem auch ein wöchentliches Treffen mit den Flüchtlingen vereinbart. Bei den wöchentlichen Versammlungen in der Unterkunft werden im Dialog zwischen Steuerungsgruppe und Asylbewerber wichtige Themen besprochen, Neuigkeiten verkündet, die Belange der Flüchtlinge aufgenommen und diskutiert. Die Besprechungen trugen bereits Früchte, so wurden die Mülltrennung und die Reinigung der Räume erheblich verbessert.

Sport und Freizeit

Basketball „Ob Fußball, Basketball, Volleyball oder Fitness, unsere Asylbewerber können sich jetzt 6 - 7 mal pro Woche sportlich bestätigen" erzählte Franz Lutje, der zusammen mit Richard Siebler die Arbeitsgruppe Sport, Freizeit, Religion leitet. Ein Zeit- und Hallenplan wurde in der Asylunterkunft ausgehängt, damit die Sportler immer wissen, wann und wo die Trainingseinheiten stattfinden. Viel Spaß hatten Schüler und Asylbewerber auch bei diversen Volley- und Fußballturnieren, die von der FOS und Wirtschaftsschule organisiert wurden. Kartoffelfest, Weihnachtszauber, Nikolaus, Adventsfest, etc., viele Feiern hat man gemeinsam auf die Beine gestellt. Nicht nur Sport und Feste wurden organisiert, sondern es entstanden auch Spielabende, Trommelsessions, Tanzkurse, Nähworkshops, Film- und Kinoabende - oder einfach nur zusammen Kaffee trinken. Zudem wurden die Asylbewerber zu Ausflügen, Konzerten und in die Kirche mitgenommen. „Nachdem im Herbst unsere Neubürger auf einem Basar Fahrräder erstanden haben und Verkehrsunterricht mit der Polizei durchgeführt wurde, wird es nach dem Winter notwendig sein, die Fahrräder auf Verkehrstauglichkeit zu überprüfen, zu reparieren und die Kenntnisse über das Verkehrsverhalten aufzufrischen", betonte Franz Lutje.

Fest der Begegnung

Beim Trommeln Am 15. März war ein Fest der Begegnung im Thomassaal der evangelischen Gemeinde geplant. Für dieses Fest erstellten die Asylbewerber Speisen aus ihren Ländern und halfen bei Auf- und Abbau. Die Besucher hatten die Gelegenheit die Flüchtlinge in lockerer Atmosphäre kennenzulernen und miteinander zu sprechen. Es wurden Infotafeln erstellt, Bilder gezeigt und Musik gespielt.



Fortschritte in der deutschen Sprache

Marisol Sundermann die zusammen mit Heike Adams die Arbeitsgruppe Deutsch leitet, berichtete über die Anstrengungen und großen Fortschritte beim Lernen der deutschen Sprache. „Es ist nicht immer einfach und kostet viel Kraft und Einsatzbereitschaft den Asylbewerbern mit unterschiedlichen Bildungsniveau deutsch beizubringen, aber wir haben es geschafft, homogene Gruppen aufzustellen und Hausaufgabenhilfen einzurichten", erklärt Marisol Sundermann. In der letzten Februarwoche startete ein neues Schulprojekt, das Petra Winkelmair vom Verein Hilfe von Mensch zu Mensch organisierte. Asylbewerber die Jahrgang 1990 und jünger sind, erhalten einen schulanalogen Unterricht mit dem Ziel des einfachen Hauptschulabschlusses und der Steigerung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Für alle anderen Asylbewerber, die durch diesen Jahrgangsraster fallen, wird laut Marisol Sundermann der Deutschunterricht durch die Arbeitsgruppe Sprache jetzt noch intensiver gestaltet, da sich die Gruppenstärke halbiert und die Lehrer individueller auf die Schüler eingehen können. Viele Helfer haben schon bemerkt, dass der Unterricht bereits Früchte trägt und die Asylbewerber sich bemühen deutsch zu sprechen. Die Sprache ist die Basis für alles. Das haben auch die Flüchtlinge erkannt. Deshalb wird im Alltag jetzt viel mehr in Deutsch gesprochen und auch das Internet und WhatsApp Kontakte werden genutzt, um das Gelernte besser zu verankern. „Ich war positiv überrascht wie gut die Flüchtlinge über ihr Schicksal bei einer Veranstaltung im Kulturzentrum in Deutsch berichteten", stellte Sozialberaterin Petra Winklmair fest.


Tägliche Unterstützung für den Alltag

Elena Taurini fährt täglich ins Wohnheim, um nach dem Rechten zu sehen. Sie berichtet, dass die Krankenhaus-, Arztbesuche und Behördengänge momentan sehr aufwändig sind. Die Sauberkeit im Wohnheim hat sich durch die Neustrukturierung der Putzdienste nochmal verbessert, da die Dienste jetzt zuverlässiger und ordentlicher erledigt werden. Bisher gab es immer Verständnisprobleme bei der Mülltrennung. Martina Peters von der VIVO erzählte, dass die Mülltrennung durch kleine Vereinfachungen jetzt besser gehandhabt wird. So hat sie Müllbeutel in der gleichen Farbe wie die entsprechenden Abfallcontainer draußen in der Küche platziert. Eva Krause hat zusätzlich noch Fotos von den Inhalten oberhalb der Müllbeutel befestigt. Somit ist es einfacher für die Asylbewerber das komplizierte Trennungssystem zu verstehen. Um ein noch besseres Verständnis für Recycling und Müllverwertung in Deutschland zu bekommen hat Martina Peters und die Alltagstruppe eine Besichtigung der VIVO geplant.

Eigener Kleiderbasar und Unterstützung durch andere Organisationen

Die Asylbewerber erhalten viel Unterstützung auch von anderen Organisationen wie der „Bürgerstiftung", "Holzkirchen hilft" und der „Tafel e.V.", die das übriggebliebene Essen nach der Ausgabe zum Wohnheim bringt. Es gibt aber auch viele Spenden vor allem Sachspenden wie Fernseher, Spiele und Kleidung. Ein Highlight der Alltagsgruppe ist die Organisation des Kleiderbasars. Renate Reimers, die das Projekt leitet, hat bisher nie genau gewusst, was die Asylbewerber genau wollen. Jetzt hat sie sich umorganisiert und zwei Frauen aus der Unterkunft mit ins Boot geholt die ihr beim Auswählen, Sortieren und Verkaufen helfen. Alles was für die Flüchtlinge ungeeignet erscheint wird aussortiert und geht an Hilfsbedürftige nach Rumänien. „Fadumo und Anita haben schnell gelernt und richtig Spaß bei der Beschäftigung, außerdem kennen sie den Geschmack und Stil der Asylbewerber besser als ich. Der Basar funktioniert so viel besser. Die zwei Frauen haben ihn voll im Griff und die Tätigkeit steigert zusätzlich ihr Selbstwertgefühl", schwärmt Renate Müller voller Stolz. Dieses gute Beispiel soll in Zukunft auch auf andere Projekte übertragen werden.

Integrationsauftrag bestätigt und neue Arbeitsgruppen notwendig

Am Ende des Runden Tisches wurde die Arbeit der bisherigen Arbeitsgruppen gewürdigt und von den Ehrenamtlichen - ohne Gegenstimme - der Auftrag an Maria Korell und die Steuerungsgruppe erteilt, die Integration der Asylbewerber so weiter zu führen, allerdings mit der Anforderung die Kommunikation unter den Ehrenamtlichen auszubauen. Maria Korell wird die Leitung der Alltagsgruppe an Mathias Eberlein übergeben und zwei neue Arbeitsgruppen werden gebildet. Die Steuerung der neuen Arbeitsgruppe Arbeit übernimmt Franz. Der Aufbau einer Kommunikationsplattform wird ebenfalls von der Steuerungsgruppe übernommen.